Die Legalisierung von Cannabis zu medizinischen Zwecken in der Schweiz im August 2022 hat das Interesse erheblich gesteigert. Dennoch bleibt die Skepsis gegenüber Cannabis bestehen, insbesondere aufgrund seiner jahrzehntelangen Illegalität und der potenziellen gesundheitlichen Risiken, die mit seinem Konsum verbunden sind.
Die Gefahr von Cannabis hängt stark davon ab, ob es unreguliert konsumiert wird oder im Rahmen einer ärztlich überwachten Therapie mit medizinischem Cannabis. Während unregulierter Cannabiskonsum erhebliche gesundheitliche Risiken birgt, kann medizinisches Cannabis unter ärztlicher Aufsicht sicher und wirksam eingesetzt werden. In diesem Artikel werden die allgemeinen Gründe für Cannabiskonsum, die Nebenwirkungen von THC, sowie die akuten und langfristigen Folgen von Cannabis erörtert, um letztlich zu klären, ob medizinisches Cannabis eine sichere Option darstellt.
Kurzgefasst
Der nicht-medizinische Konsum von Cannabis birgt zahlreiche Risiken, die von akuten bis hin zu langfristigen Gesundheitsproblemen reichen können. Zu den unmittelbaren Gefahren gehören extreme Stimmungsschwankungen, Übelkeit, und Beeinträchtigungen der Aufmerksamkeit und Koordination. Langfristig kann unregulierter Cannabiskonsum zu schwerwiegenden gesundheitlichen Problemen wie Atemwegs- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen, kognitiven Beeinträchtigungen und sogar Psychosen führen. Diese Risiken sind besonders bei jungen Menschen und bei häufigem Konsum ausgeprägt.
Sollte eine Therapie mit medizinischem Cannabis in Erwägung gezogen werden, können auf Cannabis spezialisierte Ärzte und Ärztinnen gezielte Maßnahmen ergreifen, um mögliche unerwünschte Effekte von THC zu minimieren. Dies umfasst die Anpassung der Dosierung, die Auswahl der geeigneten Cannabissorte und die Überwachung der Therapie, um die besten therapeutischen Ergebnisse zu erzielen, während gleichzeitig potenzielle Nebenwirkungen reduziert werden. Die enge Zusammenarbeit mit einem spezialisierten Arzt ist hierbei entscheidend, um die Therapie individuell und sicher zu gestalten.
Was ist Cannabis?
Cannabis, auch Hanf genannt, ist eine einjährige Pflanze, die neben Fasern und Samen ein Harz produziert. Dieses Harz enthält THC (Tetrahydrocannabinol) und andere Cannabinoide, die für ihre psychoaktiven und medizinischen Eigenschaften bekannt sind. Cannabis wird seit Tausenden von Jahren für medizinische, spirituelle und soziale Zwecke verwendet. In der Schweiz unterliegt Cannabis, das THC enthält, strengen gesetzlichen Regelungen. Nicht-medizinisches Cannabis, insbesondere illegal erworbenes, birgt aufgrund fehlender Regulierung und Qualitätssicherung erhebliche Gesundheitsrisiken.
Die Wirkung von Cannabis im Körper
Cannabis enthält verschiedene chemische Komponenten, sogenannte Cannabinoide, darunter THC und CBD. Diese ähneln den körpereigenen Endocannabinoiden und können daher wichtige physiologische Prozesse beeinflussen, wie Blutdruck, Körpertemperatur, pH-Wert des Blutes und Immunreaktionen.
Kurzfristige Wirkungen
Wenn Cannabis inhaliert wird, gelangt THC schnell in den Blutkreislauf und von dort ins Gehirn, wo es an CB1-Rezeptoren bindet. Dies führt innerhalb weniger Minuten zu Effekten wie Entspannung, gehobener Stimmung und Sedierung. Diese Effekte hängen stark von der Dosierung und der Darreichungsform ab.
Cannabis kann auch oral aufgenommen werden, was jedoch aufgrund der ungenauen Dosierung und des verzögerten Wirkungseintritts medizinisch weniger empfohlen wird. Unreguliertes Cannabis birgt zusätzliche Risiken, da es mit Schadstoffen kontaminiert sein oder einen unerwartet hohen THC-Gehalt aufweisen kann, was zu unvorhersehbaren und gefährlichen Nebenwirkungen führen kann.
Cannabiskonsum bei Jugendlichen
Jugendliche sind besonders anfällig für die schädlichen Wirkungen von Cannabis, da ihr Gehirn noch in der Entwicklung ist. Der Konsum von Cannabis kann die natürliche Entwicklung stören, zu Kommunikationsstörungen zwischen Gehirnarealen führen und die Schutzschicht der Nervenfasern schwächen. Dies kann langfristige Entwicklungsstörungen zur Folge haben. Während einige der durch Cannabis verursachten Schäden reversibel sein können, wie etwa die Beeinträchtigung des Gedächtnisses nach einem Entzug, gelten solche Reversibilität nicht für psychische Störungen wie Psychosen, die durch Cannabis ausgelöst werden können.
Medizinischer Einsatz und Risikominimierung
Unter ärztlicher Aufsicht und mit kontrollierten Produkten kann medizinisches Cannabis so dosiert werden, dass die Vorteile maximiert und die Risiken minimiert werden. Medizinisches Cannabis, das neben THC auch CBD enthält, kann viele der negativen Nebenwirkungen abmildern. Dennoch sollten auch bei der medizinischen Anwendung die potenziellen Risiken stets im Blick behalten werden, insbesondere bei der Behandlung junger Patienten.
Warum Menschen außerhalb einer ärztlichen Therapie Cannabis konsumieren
Cannabiskonsum ohne ärztliche Überwachung kann zahlreiche unerwünschte Konsequenzen haben. Dennoch gibt es verschiedene Gründe, warum Menschen, insbesondere junge Erwachsene, sich für den Konsum entscheiden. Diese Gründe variieren je nach Alter und Lebensphase.
Junge Erwachsene
Eine US-amerikanische Studie hat untersucht, warum High-School-Abgänger Cannabis konsumieren. Die häufigsten Motive sind:
- Genuss und Spaß: Cannabis wird oft konsumiert, um Spass zu haben und zu geniessen.
- Konformismus: Der Wunsch, sich der Gruppe anzupassen, spielt eine wichtige Rolle.
- Experimentierfreude: Viele junge Menschen sind neugierig und wollen neue Erfahrungen machen.
- Soziale Zugehörigkeit: Cannabis wird manchmal genutzt, um sich in soziale Gruppen einzufügen.
- Langeweile: Einige konsumieren Cannabis, um Langeweile zu vertreiben.
- Entspannung: Cannabis wird oft zur Entspannung genutzt.
- Bewusstseinsverändernde Wirkung: Der Rauschzustand ist ein weiterer Grund für den Konsum.
- Bewältigung schwieriger Lebensumstände: Einige nutzen Cannabis, um mit Stress oder schwierigen Situationen umzugehen.
- Ängste: Manche konsumieren Cannabis, um ihre Ängste zu lindern.
Die Studie zeigte, dass Personen, die Cannabis aus Gewohnheit, wegen seiner bewusstseinsverändernden Wirkung oder zur Bewältigung von Problemen konsumieren, ein höheres Risiko für übermäßigen Konsum und langfristige negative Folgen haben. Im Gegensatz dazu zeigten experimentelle Konsumenten weniger häufige Nutzung und weniger damit verbundene Probleme.
Erwachsene
Erwachsene konsumieren Cannabis häufig, um ihre Lebensqualität zu verbessern, wobei zwei Hauptmotive dominieren: soziale und spirituelle Gründe.
Sozialer Konsum
Erwachsene nutzen Cannabis oft, um Entspannung zu finden, die Kontaktfreudigkeit zu steigern, eine euphorisierende Stimmung zu erzeugen, Kreativität zu fördern und Intimität zu vertiefen.
Spiritueller Konsum
Bei spirituellen Zwecken dient Cannabis dazu, verschiedene Perspektiven zu erkunden, persönliche Krisen zu bewältigen, nach Sinn und Erleuchtung zu suchen, sowie persönliches Wachstum und Kontemplation zu fördern.
In beiden Fällen wird Cannabis meist bewusst und in Maßen konsumiert, was dazu beiträgt, dass der Konsum in dieser Altersgruppe weniger problematisch ist als bei jüngeren Nutzern.
Ältere Erwachsene und Senioren
Im Vergleich zu jüngeren Menschen konsumieren deutlich weniger ältere Erwachsene und Senioren (50+ Jahre) Cannabis. Bei den 50- bis 64-Jährigen sind es etwa 5,6 %, bei den über 65-Jährigen nur 1,3 %. Dennoch greifen ältere Erwachsene oft zu nicht-medizinischem Cannabis, hauptsächlich zur Selbstmedikation bei Beschwerden wie:
- Schmerzen
- Schlaflosigkeit
- Neuropathie
- Angstzuständen
Der Grund für diese Selbstmedikation ist oft die fehlende Legalisierung von Cannabis, was den Zugang zu ärztlich verschriebenem, reguliertem medizinischen Cannabis erschwert.
Akute THC-Nebenwirkungen bei nicht-medizinischem Cannabis
Der nicht-medizinische Konsum von THC-reichem Cannabis kann abhängig von Alter, Dosierung, Konsumhäufigkeit, Art des Konsums und individueller Empfindlichkeit verschiedene akute Beschwerden auslösen. Zu diesen Beschwerden zählen unter anderem Mundtrockenheit, ein plötzlicher Abfall des Blutdrucks, Schwindel, trockene Augen, Muskelschwäche, gesteigerter Appetit, Herzrasen, sowie Schwierigkeiten bei der Aufmerksamkeit, Konzentration und Koordination, und Übelkeit.
Bei hohen Dosen kann es zu einem intensiven Rauschzustand kommen, der durch Bewusstseinsveränderungen, Beeinträchtigung des Kurzzeitgedächtnisses und sprunghaftes Denken gekennzeichnet ist. Überdosierung von THC kann zudem Panikattacken oder extreme Euphorie hervorrufen.
Die Folgen des langjährigen Cannabiskonsums ohne ärztliche Aufsicht
Langjähriger Cannabiskonsum ohne ärztliche Überwachung kann erhebliche Langzeitfolgen haben, die von verschiedenen Faktoren wie dem Alter beim Konsumbeginn, der Konsumhäufigkeit und der Qualität des Cannabis abhängen. Besonders gefährlich sind synthetische Cannabinoide, die unreguliert hergestellt werden.
Folgen bei Jugendlichen:
Wird Cannabis im Teenageralter konsumiert, kann dies die Entwicklung des Gehirns, die Lernfähigkeit und das Gedächtnis langfristig beeinträchtigen. Eine medizinische Cannabistherapie wird daher erst ab dem 23. Lebensjahr empfohlen, wenn die Gehirnentwicklung abgeschlossen ist
Psychische Folgen bei Erwachsenen:
Regelmäßiger Konsum, insbesondere von THC-reichem Cannabis, kann bei genetisch prädisponierten Personen das Risiko psychischer Erkrankungen wie Psychosen erheblich erhöhen. Etwa 10 % der regelmäßigen Konsumenten entwickeln eine Cannabiskonsumstörung oder Abhängigkeit.
Langjähriger Konsum kann zudem zu einer Toleranzentwicklung führen und reversible kognitive Beeinträchtigungen wie Zerstreutheit, Konzentrationsschwierigkeiten und vermindertes Reaktionsvermögen verursachen.
Schizophrenie und Cannabiskonsum:
Eine Schizophrenie entwickelt sich oft schleichend und äußert sich anfangs durch Rückzug, Vergesslichkeit und sprunghaftes Denken. Betroffene verlieren im Gespräch häufig den Faden und springen unstrukturiert von einem Thema zum nächsten. Im fortgeschrittenen Stadium treten psychotische Symptome wie Halluzinationen, Wahnvorstellungen und desorganisiertes Verhalten auf, die zu einem Realitätsverlust führen können. In vielen Fällen leiden die Betroffenen an Selbstmordgedanken, insbesondere wenn die psychotischen Episoden über längere Zeit andauern.
Amotivationales Syndrom:
Das amotivationale Syndrom beschreibt eine Wesensveränderung, die durch Apathie und mangelnde Motivation gekennzeichnet ist. Menschen, die regelmäßig und in hohen Dosen Cannabis konsumieren, neigen zu Faulheit, Gleichgültigkeit und sozialer Isolation. Dies erschwert normale soziale Interaktionen erheblich.
Diese Symptome ähneln denen schwerwiegender psychotischer Störungen wie Schizophrenie oder Depression. Daher sollten keine voreiligen Schlüsse gezogen werden; stattdessen sollte eine ärztliche Untersuchung durchgeführt werden, um die genaue Ursache zu ermitteln.
Atemwegserkrankungen und Cannabiskonsum:
Negative Auswirkungen von unkontrolliertem Cannabiskonsum auf die Atemwege sind beschrieben. Nicht-medizinisches Cannabis wird häufig geraucht, was strengstens abzuraten ist. Oft wird Cannabis mit Tabak gemischt, der nachweislich krebserregend ist und die Lunge schädigt.
Beim Verbrennen von Cannabis entstehen zudem eine Vielzahl von schädlichen Chemikalien, darunter Teer, Kohlenstoffpartikel und Kohlenmonoxid. Diese Substanzen erhöhen das Risiko für Asthma und Atembeschwerden. Wissenschaftlersind sich einig, dass die im Cannabisrauch enthaltenen Giftstoffe besonders Kinder und Asthmatiker gefährden können.
Ist medizinisches Cannabis sicher?
Medizinisches Cannabis kann bei bestimmten Erkrankungen wirksam sein, jedoch birgt es auch Risiken. Aktuelle Studien zeigen, dass Nebenwirkungen wie Müdigkeit, Schwindel, Schläfrigkeit und Mundtrockenheit auftreten können. Auch bei medizinischem Konsum sollten diese Risiken nicht ignoriert werden. Es ist wichtig, die Risiken von medizinischem Cannabis im Vergleich zu konventionellen oder alternativen Therapien zu betrachten. Die individuellen Faktoren und die gleichzeitige Gabe von CBD spielen ebenfalls eine Rolle bei der Bewertung der Sicherheit.
Wer kann von medizinischem Cannabis profitieren?
Medizinisches Cannabis hat sich als wirksam bei der Behandlung einer Vielzahl von Erkrankungen erwiesen, darunter ADHS, Migräne, chronische Schmerzen, Depressionen, Schlafstörungen, Endometriose, Multiple Sklerose, Epilepsie und Morbus Crohn. Es wird auch begleitend zur Krebsbehandlung eingesetzt, um die Lebensqualität zu verbessern und Chemotherapie-Nebenwirkungen zu reduzieren. Patienten, deren konventionelle Therapien nicht ausreichend waren, könnten von medizinischem Cannabis profitieren. In solchen Fällen kann es sinnvoll sein, sich an einen spezialisierten Arzt zu wenden, um eine Cannabistherapie in Erwägung zu ziehen.
Für Patienten, die eine individuelle Betreuung und gezielte Therapie mit medizinischem Cannabis benötigen, bietet es sich an, einen spezialisierten Arzt oder eine spezialisierte Ärztin zu konsultieren, der oder die auf die Behandlung mit THC und CBD spezialisiert ist. In der Schweiz und weltweit gibt es verschiedene Plattformen, die sich auf die Behandlung mit medizinischem Cannabis konzentrieren und ihren Patienten eine umfassende Beratung und Betreuung bieten.
Fazit
Während medizinisches Cannabis bei fachgerechter Anwendung selten zu Abhängigkeit oder schwerwiegenden Nebenwirkungen führt, birgt der nicht-medizinische Gebrauch erhebliche Risiken. Besonders gefährlich ist der langfristige Konsum von THC-reichem Cannabis, insbesondere wenn der Konsum bereits in der Jugend beginnt und das Cannabis über Joints geraucht wird. Dies kann zu Abhängigkeit, kognitiven Beeinträchtigungen, psychischen Störungen und körperlichen Erkrankungen wie Atemwegs- und Herz-Kreislauf-Problemen führen. Die Auswirkungen variieren je nach individueller Veranlagung, physischer Konstitution und bestehenden gesundheitlichen Problemen.