
Überblick
Der «Hexenschuss» (Lumbago) ist ein plötzlich auftretender, starker Schmerz im unteren Rücken, oft ausgelöst durch eine muskuläre Verspannung oder eine blockierte Wirbelgelenkstellung. Typisch sind Bewegungs‑ und Belastungsschmerzen, oft mit Schonhaltung. Ziel der Akutbehandlung ist Schmerzreduktion, Erhaltung der Mobilität und das Verhindern von Chronifizierung durch schonende Aktivierung. Im weiteren Verlauf fokussiert die Therapie auf Mobilität, Segmentstabilität und Kräftigung der Becken‑ und Rumpfmuskulatur.
Was ist ein Hexenschuss? Ursachen und Symptome
Ursachen
Ein Hexenschuss entsteht meist durch eine Kombination aus Belastung, Fehlbelastung oder plötzlicher Bewegung bei bereits vorbestehender muskulärer Dysbalance. Häufige Faktoren sind untrainierte Rumpfmuskulatur, einseitige Belastung, eingeschränkte Hüftstabilität oder frühere Rückenverletzungen. Besonders die Funktion der Glutealmuskulatur beeinflusst die Stabilität des Beckens und damit die Lendenwirbelsäule1.
Symptome
Akute, stechende oder ziehende Schmerzen im Lendenbereich, eingeschränkte Vorneigebewegung, gelegentlich Schmerzen, die in Gesäss oder Oberschenkel ausstrahlen. Rote Flaggen, die rasch zu einer ärztlichen Abklärung führen müssen, sind Taubheit im Genitalbereich, Stuhlinkontinenz oder plötzlich auftretende Schwäche in den Beinen.
Akutphase: Soforthilfe zuhause
Bei einem frischen Hexenschuss gilt: kurze Schonphase (ein bis zwei Tage maximal), anschliessend möglichst zeitnahe vorsichtige Mobilisation. Ruhigstellung über mehrere Tage fördert Steifigkeit und verzögert die Heilung. Wärme kann muskuläre Verspannungen lösen, bei ausgeprägten Entzündungszeichen kann Kälte in den ersten 24–48 Stunden sinnvoll sein. Schmerzmittel (topisch oder systemisch) können die Akutphase erleichtern – Rücksprache mit der Ärztin bzw. dem Arzt ist empfohlen.
Sofortmassnahmen bei Hexenschuss
- Setzen Sie sich für 10–20 Minuten in eine bequeme Position (z.B. Stuhl mit gerader Rückenstütze) und atmen Sie ruhig.
- Wenden Sie lokale Wärme (Wärmflasche, Körnerkissen) an, 15–20 Minuten, wenn der Schmerz muskulär wirkt.
- Versuchen Sie vorsichtige Mobilisationsbewegungen: Beckenwippen im Liegen oder die Stufenlagerung (ein Bein aufstellen, das andere gestreckt) für 2–3 Minuten.
- Bei starken Schmerzen nehmen Sie kurzzeitig ein empfohlenes Analgetikum ein; folgen Sie ärztlicher Dosierungsempfehlung.
- Wenn sich innerhalb von 48–72 Stunden keine Besserung zeigt oder neurologische Ausfälle auftreten: Ärztliche Abklärung.
Weiterlesen: Ischias Übungen
Gezielte Übungen in der akuten und subakuten Phase
Die Auswahl der Übungen richtet sich nach Schmerzintensität. In der akuten Phase sind schonende, schmerzfreie Mobilisationsübungen sinnvoll. Wichtig: jede Übung so ausführen, dass der Schmerz tolerierbar bleibt – auf intensivere Schmerzen verzichten.
1. Beckenwippe (im Rückenlage)
Ausgangsposition: Rückenlage, Beine angewinkelt, Füsse hüftbreit. Bewegung: Atmen aus, das Becken leicht nach oben kanteln, Lendenwirbelsäule gegen die Matte drücken; einatmen, Becken neutral. Dosierung: 10–15 Wiederholungen, 2 Serien, 2–3× täglich. Progression: Tempo erhöhen, geringes Gewicht an den Knien.
2. Stufenlagerung / Knie‑zur‑Brust (modifiziert)
Ausgangsposition: Rückenlage. Variante 1 (Stufenlagerung): Ein Bein angewinkelt, das andere gestreckt; 1–2 Minuten halten, Seiten wechseln. Variante 2 (leichtes Knie‑zur‑Brust): Ein Knie langsam zur Brust ziehen, mit den Händen halten, 15–20 Sekunden halten. Dosierung: 3–5 Wiederholungen pro Seite, 2× täglich. Abbruch: bei zunehmender Ausstrahlung oder stärkerem Rückenschmerz abbrechen.
3. Vierfüsslerstand – Mobilisation
Ausgangsposition: Vierfüsslerstand, Hände unter den Schultern, Knie unter den Hüften. Übung: Beim Ausatmen Rücken rund machen (Katzenbuckel), beim Einatmen in die Gegenbewegung (leichtes Hohlkreuz). Dosierung: 10–15 Wiederholungen, 2 Serien, 2× täglich. Wirkung: lindert Segmentblockaden und entlastet die Facettengelenke.
Weiterlesen: Übungen bei Schulterschmerzen
Kräftigung und Stabilisation (4–12 Wochen)
Nach der Schmerzreduktion beginnt die gezielte Kräftigungsphase. Ziel ist, die lumbale Stabilität zu fördern, Becken‑ und Hüftmuskulatur zu stärken und die Belastbarkeit schrittweise zu erhöhen. Programme, die mehrere Komponenten (Kraft, Mobilität, Balance) kombinieren, zeigen Vorteile für die Alltagsfunktion und die Wiederherstellung der Aktivität2.
Wichtige Übungen
1. Gluteus‑Brücke
Ausgangsposition: Rückenlage, Beine angewinkelt. Bewegung: Becken anheben, bis Schulter–Becken–Knie eine Linie bilden, 2–3 Sekunden halten, langsam absenken. Dosierung: 3×10–15 Wiederholungen, 3× pro Woche. Progression: einbeinige Brücke, Widerstandsband über die Knie, 2–3 Serien.
2. Seitliches Beinheben (Hüftabduktion)
Ausgangsposition: Seitenlage. Bewegung: Oberes Bein kontrolliert anheben, Fuss zeigt leicht nach vorne, 10–15 Wiederholungen pro Seite. Diese Übung aktiviert den Gluteus medius, der die Beckenstabilität verbessert und damit die Lumbalbelastung reduziert1.
ℹ️Safety Tip:
Weiterlesen: Schmerztherapie St. Gallen
Behandlung, Medikamente und wann zum Arzt
Konservative Therapie (Physiotherapie, aktive Übungsprogramme, manuelle Therapie, Wärme/Kälte) ist bei Lumbago meistens ausreichend. Medikamentös kommen Paracetamol, NSAR (z. B. Ibuprofen, Diclofenac) oder in bestimmten Fällen Metamizol zum Einsatz – immer nach Nutzen‑Risiko‑Abwägung und ärztlicher Beratung. Kurzfristige Ruhigstellung und schmerzadaptierte Aktivität sind sinnvoll; langfristige Schonung nicht.
Bei anhaltenden Schmerzen über mehrere Wochen, ausgeprägter Leistungsminderung, unklarer Bildgebung oder neurologischen Ausfällen ist eine medizinische Abklärung (Hausarzt, Rheumatologie, Neurochirurgie oder Orthopädie) angezeigt. Diagnostik kann klinische Tests, bildgebende Verfahren (Röntgen, MRI) und gezielte neurologische Untersuchung umfassen.
Weiterlesen: Ibuprofen Informationen
Sicherheit & Kontraindikationen
Übungen sind effektiv, vermindern Rückfallrisiko und verbessern Funktion. Allgemein gilt: keine Heilversprechen, Anpassung an den individuellen Zustand ist essenziell. Besonders bei Vorerkrankungen (Osteoporose, entzündliche Erkrankungen, Gerinnungsstörungen) sind Auswahl und Dosierung der Therapie mit Fachpersonen abzustimmen.
Important Warning
Wichtige Hinweise und Warnsignale
- Sofortige ärztliche Abklärung bei neurologischen Ausfällen (Taubheitsgefühle, Lähmungserscheinungen).
- Starker, schlecht lokalisierbarer Schmerz oder Fieber in Kombination mit Rückenschmerz: mögliche Infektion oder Entzündung.
- Plötzliche Blasen‑ oder Mastdarmfunktionsstörung erfordert Notfallversorgung.
- Bei Osteoporose oder bekannten Tumorerkrankungen nur nach fachärztlicher Freigabe intensive Belastungen steigern.
- Bei Unsicherheit über Panik, starke Angst oder Schmerzverarbeitung professionelle Hilfe suchen.
Weiterlesen: Diclofenac Informationen
