
Überblick
Der Golferarm (mediale Epicondylitis, Golferellenbogen) ist ein schmerzhafter Zustand an der Innenseite des Ellenbogens, ausgelöst durch Überlastung der Hand- und Fingerbeugemuskulatur beziehungsweise deren Sehnenansatz am medialen Epicondylus. Obwohl die Bezeichnung „Golferarm“ nahelegt, dass nur Golfende betroffen sind, treten Beschwerden häufig bei allen Personen mit wiederholten einseitigen Zug- oder Drehbewegungen des Unterarmes auf (z. B. Handwerker, Büroarbeiten, Heben von Lasten).
Typische Beschwerden sind lokaler Druckschmerz am inneren Ellenbogen, Schmerzen beim Greifen oder Faustschluss sowie Kraftminderung der Handgripstärke. Die Diagnose basiert meist auf Anamnese und klinischer Untersuchung; bildgebende Verfahren werden selektiv eingesetzt.
Ziel der Behandlung ist Schmerzreduktion, Wiederherstellung der Kraft und Beweglichkeit sowie Vermeidung chronischer Veränderungen durch frühe, gezielte Therapie und Belastungsanpassung.
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Ursachen und Mechanik
Der Golferarm entsteht durch repetitive Mikrotraumen und Überlastung der Beugemuskulatur des Unterarms, die am medialen Epicondylus ansetzt. Wiederholte Beugungs- und Pronationsbewegungen sowie starke Griffanforderungen führen zu degenerativen Veränderungen an den Sehnenansätzen (Tendinopathie) und zu funktionellen Schmerzen. Bei manchen Betroffenen dominiert eine muskuläre Überlastung, bei anderen finden sich strukturelle Veränderungen der Sehne.
Elektromyographische Untersuchungen zeigen, dass vor allem Amateurspieler während des Golfschwungs vermehrte Aktivität bestimmter Unterarmmuskeln aufweisen, was das Risiko für eine laterale oder mediale Epicondylitis erhöhen kann1. Solche Befunde erklären, weshalb Technikmängel, mangelnde Koordination oder untrainierte Muskulatur die Entstehung begünstigen.
- Risikofaktoren: wiederholte einseitige Belastung, falsche Technik, schwache Stützmuskulatur, plötzliche Belastungssteigerung.
- Abgrenzung: Tennisarm (laterale Epicondylitis) verursacht Schmerzen an der Aussenseite des Ellenbogens und betrifft überwiegend Fingerstrecker; die Therapieprinzipien ähneln sich, die Lokalisation unterscheidet.
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Diagnose
Die Diagnose erfolgt primär klinisch:
- Anamnese: Schmerzcharakter, Belastungsnachweis, berufliche und sportliche Aktivitäten.
- Inspektion und Palpation: Druckschmerz über dem medialen Epicondylus.
- Funktionstests: Schmerzprovokation bei Widerstand gegen Handgelenksbeugung oder Fingerbeugung, Griffkraftmessung.
Bildgebung (Ultraschall, MRT) wird eingesetzt, wenn die Diagnose unsicher ist, ein Therapieversagen vorliegt oder andere Pathologien ausgeschlossen werden müssen (z. B. Gelenkpathologie, Nervenkompression).
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Konservative Behandlung
Die Mehrheit der Patientinnen und Patienten spricht auf konservative Massnahmen an. Die Grundpfeiler sind Belastungsmodifikation, Physiotherapie mit gezielten Übungen, Schmerzmittel und lokal unterstützende Massnahmen.
Akutphase (Schmerzlinderung):
- Schonung von schmerzverursachenden Tätigkeiten, kurzfristige Reduktion einseitiger Belastung.
- Kälteapplikation (10–15 Minuten, mehrmals täglich) bei akuten Schmerzen.
- Analgetika/NSAR zur kurzzeitigen Symptomkontrolle, unter Beachtung von Dosierung und Kontraindikationen.
Funktionelle Rehabilitation: Physiotherapie mit fokussierter Dehnung und Kräftigung der Hand- und Unterarmmuskulatur, exzentrischem Training der Beuger und Techniktraining zur Belastungsreduktion.
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Orthesen und Bandagen
Eine spezielle Ellenbogenbandage (Counterforce-Band) kann kurzfristig die Sehnenansätze entlasten und Schmerzen bei Belastung reduzieren. Anwendung: über einem Intervall von Wochen, vor allem bei belastenden Tätigkeiten; nicht als Dauerlösung, da sie Muskelatrophie fördern könnte, wenn zu lange eingesetzt.
Injektionen und physikalische Therapien
Corticosteroid-Injektionen können kurzfristig Schmerzen lindern, zeigen aber gelegentlich schlechtere Langzeitergebnisse im Vergleich zu anderen Therapien. Platelet-Rich Plasma (PRP) wird zunehmend diskutiert, die Evidenzlage ist heterogen; Entscheidungen sollten individuell und evidenzbasiert getroffen werden.
Übungen: Anleitung, Dosierung und Progression
Gezielte Übungen sind zentral: Sie verbessern Sehnenqualität, Koordination und Belastbarkeit. Das nachfolgende Programm ist als Beispiel für nicht-überlastbare Patienten gedacht. Bei zunehmenden Schmerzen das Programm anpassen oder pausieren.
Unterarmrehabilitation (5 Schritte)
- Wärmen: 5–10 Minuten leichte Aktivität (z. B. Handöffnen/-schliessen) zur Durchblutung.
- Exzentrisches Handgelenkbeugen: Sitzend, Unterarm auf Tisch, Handfläche nach oben. Langsam Handgelenk nach unten senken (10 Wiederholungen, 3 Sätze, 1–2× täglich).
- Isometrisches Greifen: Gegen Widerstand die Hand 10–15 s anspannen, 5 Wiederholungen, 2× täglich.
- Dehnung der Beugemuskulatur: Arm gestreckt, Handfläche nach oben, mit anderer Hand Fingerspitzen nach unten ziehen, 30 s halten, 3×.
- Progression: Gewicht langsam erhöhen (z. B. kleiner Hantel 0.5–1 kg), mehr Wiederholungen erst wenn schmerzfrei.
Ausführungshinweise:
- Dosierung: Anfangs 2–3 Sätze mit 8–12 Wiederholungen; bei Schmerzreduktion schrittweise Intensität erhöhen.
- Progression: Zuerst Schmerzfreiheit bei Alltagsbewegungen, dann gezielter Belastungsaufbau (z. B. Golf- oder berufsspezifisches Training).
- Abbruchhinweise: Zunehmende, nicht regressivierende Schmerzen, neurologische Zeichen oder Schwellung → Therapie pausieren und ärztlich abklären.
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Spezielle Behandlungsoptionen und Operation
Bei Therapieversagen über mehrere Monate können interventionelle Verfahren in Erwägung gezogen werden: PRP, Stosswellentherapie oder in ausgewählten Fällen operative Dekompression/Sehnenrevision. Operationen zielen auf Entfernung degenerativen Gewebes und Wiederherstellung eines schmerzfreien Funktionsniveaus. Die Indikation muss restriktiv und interdisziplinär gestellt werden.
Kontraindikationen für invasive Therapien sind aktive Infektionen, unklare Koagulopathien und fehlende Rehabilitation nach Eingriff.
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Sicherheit & Kontraindikationen
Wichtige Sicherheitsaspekte bei der Behandlung:
- Vermeidung dauerhafter Ruhigstellung, da dies zu Muskelschwäche und Gelenksteifigkeit führen kann.
- Bei Einnahme von NSAR prüfen: Magen-/Nierenfunktion, Interaktionen mit anderen Medikamenten.
- Injektionen nur durch erfahrene Fachpersonen; Risiko von Infektion, Weichteilatrophie oder kurzfristiger Schmerzreduktion mit späterer Rezidivrate.
Important Warning
Wichtige Warnhinweise bei Golferarm-Behandlung
- Suchen Sie eine rasche Abklärung bei starken Schmerzen, Nervensymptomen oder Fieber.
- Langfristige Schonung ohne aktive Rehabilitation kann die Heilung verzögern.
- Medikamentöse Therapie immer unter Abklärung von Kontraindikationen (z. B. Magen, Nieren).
- Invasive Therapien (Injektionen, OP) nur nach sorgfältiger Nutzen‑Risiko‑Abwägung.
- Bei chronischen Beschwerden interdisziplinäre Abklärung (Orthopädie/Physiotherapie/Schmerzmanagement) empfohlen.
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Prävention und Rückkehr zur Aktivität
Präventive Massnahmen reduzieren Rezidive:
- Ergonomische Anpassungen bei Arbeit und Sport (Griffgrösse, Technik, Pausen).
- Regelmässiges Aufwärmen und gezieltes Krafttraining der Unterarmmuskulatur.
- Progressive Belastungssteigerung nach Schmerzfreiheit und Aufbauphase.
Rückkehr zum Sport: erst wenn Schmerzen bei Belastung minimal oder absent sind und Kraft sowie Koordination wiederhergestellt wurden. Ein stufenweiser Plan (zuerst technische Übungen ohne vollständige Belastung, dann gesteigerte Belastungszeiten) reduziert Rückfallrisiko.
Wann zum Arzt?
- Wenn Schmerzen trotz konservativer Therapie nach 6–12 Wochen bestehen.
- Bei deutlichem Kraftverlust, Gefühlsstörungen oder Bewegungseinschränkungen.
- Bei akuten Begleitsymptomen wie Rötung, Schwellung oder Fieber.
