
Überblick
Dieser Artikel richtet sich an Erwachsene mit verstärkter oder beschwerdeverursachender Lordose (Hohlkreuz) sowie an Fachpersonen, die Alltagsempfehlungen benötigen. Ziel ist, evidenzbasierte Übungsprinzipien und praktische Übungen zur Haltungsverbesserung und Schmerzlinderung zu vermitteln. Die Evidenzlage stützt sich primär auf Studien zu muskulären Trainingsprogrammen, ergänzenden Techniken wie EMS und Präventionsprogrammen für Haltung und Funktion12. Bei unklaren neurologischen Symptomen ist eine medizinische Abklärung notwendig.
Was ist Lordose?
Lordose bezeichnet die natürliche Krümmung der Wirbelsäule im Lendenbereich. Von “verstärkter Lordose” (Hyperlordose) spricht man, wenn die Krümmung über das physiologische Mass hinausgeht und dadurch mechanische Belastungen, muskuläre Dysbalancen und Schmerzen begünstigt werden. Die Diagnose erfolgt durch Ärztinnen/Ärzte oder Physiotherapierende mittels klinischer Untersuchung und ggf. Bildgebung; Selbstdiagnosen sind unsicher.
Weiterlesen: Unterer Rücken Schmerzen – Hintergrundinformationen zu Ursachen und Symptomen, die bei Lordose-relevanten Beschwerden hilfreich sind.
Evidenzbasierte Übungsprinzipien
Therapieziele bei Lordose: Spannungsausgleich zwischen Hüftbeugern und Hüftstreckern, Kräftigung des Bauch- und Gesässmuskels, Mobilisation der Lendenwirbelsäule und Verbesserung der Haltungswahrnehmung. Interventionen, die neuromuskuläre Kontrolle fördern (z. B. gezielte Rumpfstabilität, neuromuskuläres Training, spezifische Warm-ups), reduzieren funktionelle Beschwerden und verbessern Körperstatik2. Ergänzende Technologien wie EMS (elektrische Muskelstimulation) haben in kontrollierten Versuchen zusätzlich Verbesserungen der Wirbelsäulenstellung gezeigt, wenn sie mit therapeutischen Übungen kombiniert wurden1. Parallel dazu fördern gesundheitsbewusste Verhaltensänderungen Langzeiterfolg3.
Extension nach McKenzie
- Ausgangsposition: in Bauchlage mit gestreckten Beinen, Hände unter der Schulternlinie.
- Oberkörper anheben: langsam mit den Armen den Oberkörper vom Boden wegdrücken, Hüfte bleibt am Boden.
- Atmung: langsam und gleichmässig, beim Heben ausatmen.
- Halten & Rückkehr: 1–2 Sekunden halten, dann kontrolliert absenken; 10 Wiederholungen, 2 Serien, 1–2× täglich.
- Progression: allmählich Haltezeit erhöhen auf 5–10 s und Wiederholungen auf 3 Serien.
- Abbrechen wenn: verstärkte Beinsymptomatik, akute neurologische Zeichen oder verstärkter Schmerz.
Die oben genannte Extension ist ein Beispiel für eine dynamische Mobilisation, die bei dominanten Flexions- oder Kompensationsmustern sinnvoll sein kann. Nicht alle Patientinnen und Patienten profitieren von derselben Richtung von Bewegungen; die Therapieführung muss individuell angepasst werden. Studien zeigen, dass strukturierte Programme, die Mobilisation und neuromuskuläres Training kombinieren, funktionelle Verbesserungen erreichen2.
ℹ️Tipp:
Weiterlesen: Übungen gegen Schulterschmerzen – Viele Prinzipien zur Belastungsdosierung und Haltungssteuerung sind übertragbar.
Schritt-für-Schritt-Übungen
Die folgenden Übungen sind praxisnah, leicht zuhause durchführbar und decken Dehnung, Kräftigung und Wahrnehmung ab. Alle Übungen: 2–3× pro Woche als minimale Trainingsfrequenz, bei täglichen kurzen Sessions (10–20 Minuten) oft schnellerer Fortschritt. Abbrechen wenn: plötzliches Ausstrahlen, Taubheitsgefühl, neu aufgetretene Schwäche.
1. Becken-Kipp (Posterior Pelvic Tilt)
Ausführung: Rückenlage, Füsse hüftbreit, Knie gebeugt. Becken bewusst nach hinten kippen, Lendenwirbelsäule flach auf die Matte drücken. Dosierung: 3 Serien × 10–15 Wiederholungen, 1–2× täglich. Progression: Haltezeit 5–10 s pro Wiederholung. Abbrechen bei verstärktem Ischiasgefühl.
2. Glute Bridge (Beckenheben)
Ausführung: Rückenlage, Füsse hüftbreit, Hüfte anheben bis Körper in einer Linie von Knie zu Schultern. Aktivierung Gesäss, nicht Lendenwirbelsäule. Dosierung: 3 Serien × 8–12 WH, 3× Woche. Progression: einbeiniges Beckenheben.
3. Dead Bug (Rumpfstabilität)
Ausführung: Rückenlage, Arme senkrecht, Knie im 90°-Winkel. Gegengleisig Arm und Bein langsam absenken ohne Hohlkreuzbildung. Dosierung: 3 Serien × 8–10 WH pro Seite, 3× Woche. Fokus auf kontrollierte Atmung.
4. Hüftbeuger-Dehnung (Lunge Dehnung)
Ausführung: knieende Ausfallschrittposition, vorderes Bein 90°, hinteres Knie auf dem Boden. Becken nach vorn schieben, bis Dehnung an der Vorderseite der Hüfte spürbar ist. Dosierung: 2× 30–45 s pro Seite, täglich. Wichtig: Becken gerade halten, nicht überstrecken.
5. Seitstütz (Seitliche Planke)
Ausführung: auf der Seite abstützen, Körper in einer Linie halten. Dosierung: 2 Serien × 15–45 s pro Seite, 3× Woche. Progression: Beine gestreckt, Waden anheben.
ℹ️Tipp:
Weiterlesen: Ischias Übungen – Nützliche Dehn- und Mobilisationsübungen, falls gleichzeitig Ischias-bedingte Beschwerden bestehen.
Sicherheit & Kontraindikationen
Vor Beginn eines Übungsprogramms bei deutlicher Hohlkreuz-Wirkung sind Anamnese und wenn nötig ärztliche Abklärung ratsam — insbesondere bei Vorerkrankungen wie Osteoporose, rheumatischen Erkrankungen oder Verdacht auf strukturelle Schäden. Kontraindikationen für bestimmte Mobilisations- oder Kraftübungen umfassen akute, unklare neurologische Ausfälle, instabile Wirbelkörperfrakturen und aktive Infektionen/Tumorerkrankungen der Wirbelsäule.
Besondere Patientengruppen: Schwangere sollten Übungen mit Fachperson abklären, ältere Menschen mit Osteoporose bevorzugt schonende, belastungsorientierte Varianten wählen und ggf. unter Anleitung beginnen. Bei chronischen Schmerzen ist ein multimodales Vorgehen (Bewegung, Verhalten, Schmerzmanagement) langfristig wirksamer als isolierte Trainingsprogramme3.
Weiterlesen: Ibuprofen Wirkung – Informationen zu Schmerzmitteln als kurzfristiger Begleitschutz bei akuten Schmerzen.
Wann zum Arzt
Sofortige Abklärung bei folgenden Symptomen
- Neu aufgetretene Lähmungen oder deutlich zunehmende Schwäche
- Taubheitsgefühl im Bereich des Gesässes oder Sattelbereich
- Blasen- oder Darmfunktionsstörungen
- Fieber, unerklärlich starker nächtlicher Schmerz
- Kürzliches Trauma oder Verdacht auf Tumor/Infektion
Häufige Fehler & Mythen
Mythos: „Ein Hohlkreuz ist immer krankhaft und muss operiert werden.“ Fakt: Viele Menschen haben eine ausgeprägtere Lordose ohne schmerzhafte Symptome; konservative Therapie (Training, Verhalten) ist oft ausreichend, Operationen selten und nur bei strukturellen Ursachen angezeigt. Mythos: „Nur Dehnen reicht.“ Fakt: Dehnung allein adressiert nicht die oft verkürzten Hüftbeuger und gleichzeitig geschwächte Bauch-/Gesässmuskeln; Kräftigung und motorische Kontrolle sind entscheidend.
Praktische Korrektur: Statt schneller Haltungskorrektur via bewusstes „Bauch einziehen“ bevorzugen Sie Übungsreihen, die die automatische Spannungskontrolle verbessern (z. B. Dead Bug, Glute Bridge) und die Bewegungsmuster nachhaltig adaptieren.
ℹ️Tipp:
Weiterlesen: Paracetamol Anwendung – Hinweise zu alternativen kurzzeitigen Schmerzmitteln und deren Rolle in der Begleittherapie.
