
Überblick
Eine Sehnenscheidenentzündung (Tendovaginitis oder Tendovaginosis bei degenerativen Veränderungen) ist eine Entzündung des Gleitgewebes um eine Sehne. Häufig betroffen sind Handgelenk, Unterarm, Daumen sowie die Schulterregion. Typisch sind belastungsabhängige Schmerzen, Schwellung und Einschränkung der Beweglichkeit. Ursache sind meistens wiederholte mechanische Belastungen, Fehl- oder Überlastung; seltener spielen rheumatische Erkrankungen, metaboliche Störungen oder Infektionen eine Rolle.
Weiterlesen: Schulterschmerzen Ursachen
Ursachen & Risikofaktoren
Die wichtigste Ursache für eine Sehnenscheidenentzündung sind wiederkehrende, monotone oder ungewohnte Belastungen, die zu Mikrotraumen und Reibung an der Sehne führen. Berufs- und freizeitbezogene Belastungen (PC-Arbeit, Handwerk, Musizieren, Gartenarbeit) erhöhen das Risiko. Systemische Risikofaktoren wie erhöhter Body-Mass-Index, Rauchen oder Diabetes wurden ebenfalls mit einem erhöhten Tendinopathie-Risiko assoziiert, speziell bei der Rotatorenmanschette; dies gilt als Hinweis darauf, dass Belastungsmechanismen häufig mit individuellen Faktoren interagieren1.
Wichtig ist die Unterscheidung zwischen akuter entzündlicher Tendovaginitis (v. a. bei Infektionen oder rheumatischen Schüben) und degenerativen, überlastungsbedingten Veränderungen. Die Lokalisation ist entscheidend für Therapie und Prognose: Handgelenk/Daumen reagieren oft gut auf Ruhigstellung und gezielte Physiotherapie, während chronische Schulterbeschwerden längerfristige Rehabilitation erfordern.
Weiterlesen: Knieschmerzen Behandlung
Symptome und Diagnostik
Typische Symptome sind:
- Belastungsabhängiger Schmerz entlang der Sehne
- Lokale Schwellung, gelegentlich Wärme
- Reibegeräusche (Krepitation) beim Bewegen
- Eingeschränkte oder schmerzhafte Bewegung
- In seltenen Fällen eingeschränkte Sensibilität bei Kompression benachbarter Nerven
Die Diagnose stützt sich auf die Anamnese und die klinische Untersuchung (Schmerzprovokationstests, Tastbefund). Bildgebende Verfahren (Ultraschall, bei Unsicherheit MRT) können hilfreich sein, um Flüssigkeit in der Sehnenscheide, Rissbildungen oder degenerative Veränderungen darzustellen. Bei Verdacht auf infektiöse Tendovaginitis ist eine rasche ärztliche Abklärung erforderlich.
Weiterlesen: Schmerztherapie Methoden
Konservative Behandlung
Die Behandlung beginnt meist konservativ und umfasst:
- Ruhigstellung der betroffenen Region (kurzfristig mit Schiene oder Bandage)
- Schonung und Vermeidung belastender Bewegungen
- Eis/kalte Kompressen in den ersten 48–72 Stunden bei akuter Entzündung
- Physiotherapie mit Fokus auf Mobilität, Dehnung und exzentrischem Kraftaufbau
- Schmerz- und entzündungshemmende Medikamente nach ärztlicher Empfehlung
Zur medikamentösen Therapie: Nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) wie Ibuprofen können kurzfristig Schmerzen und Entzündung reduzieren; Paracetamol wirkt schmerzlindernd, aber weniger entzündungshemmend. Ausführliche Informationen zu Wirkungen und Dosierung finden Sie in weiterführenden Artikeln zu Schmerzmitteln im Schweizer Kontext.
ℹ️Safety Tip:
Die Evidenzlage für aktive Therapie zeigt, dass gezielte Kraft- und Belastungsprogramme, insbesondere solche mit progressiver Dosierung, Schmerzen und Funktion bei Sehnenproblemen verbessern können. Höhere Übungsdosen (häufigere oder längere Programme) waren in einer Metaanalyse mit grösseren Verbesserungen verbunden, auch wenn die Studien heterogen sind2.
Für Injektionen gilt: Kortison-Injektionen können kurzfristig starken Schmerz lindern, zeigen aber in einigen Studien schlechtere Langzeitergebnisse als rein physiotherapeutische Ansätze; diese Einschränkung wurde in systematischen Übersichtsarbeiten beschrieben3.
Weiterlesen: Entzündungshemmende Schmerzmittel
Übungen & Rehabilitation
Rehabilitation besteht aus individuell abgestimmten Übungen zur Verbesserung der Belastbarkeit, Koordination und Belastungsverträglichkeit. Wichtig sind sanfter Einstieg, langsame Progression und regelmässige Kontrolle der Symptome.
Übungsprogression bei Sehnenscheidenentzündung
- Start: Schmerzfreie Grundbewegungen und aktive Mobilisation (5–10 Minuten, 2–3×/Tag)
- Phase 2: Isometrische Kräftigung (10–20 Sekunden Haltephasen, 3 Sätze, täglich)
- Phase 3: Exzentrische/konzentrisch-exzentrische Übungen (3×/Tag, 10–15 Wiederholungen, 6–12 Wochen)
- Phase 4: Funktionelle Belastungssteigerung (Werkzeuge, Sport)-gezielt, langsam erhöhen
- Kontrolle: Bei Zunahme der Schmerzen >2 von 10 oder nächtlichem Schmerz Pause einlegen und Therapiefortschritt neu besprechen (optional)
- Rückkehr: Graduelle Wiederaufnahme der typischen Tätigkeiten unter ergonomischer Anpassung (optional)
Exzentrische Übungen sind in der Behandlung von Tendinopathien gut untersucht und oft zentraler Bestandteil der Rehabilitation. Insgesamt gilt: regelmässige, progressive Belastung ist wirksamer als vollständige Ruhigstellung; die genaue Dosierung sollte individuell festgelegt werden23.
Weiterlesen: Ibuprofen Wirkung
Invasive Therapieoptionen
Wenn konservative Massnahmen nach 6–12 Wochen nicht ausreichend wirken, kommen je nach Lokalisation und Ursache weiterführende Schritte in Frage:
- Ultraschall-gestützte Injektionen (z. B. Kortison) – kurzfristig effektiv, langfristig abwägen
- Platelet-Rich-Plasma (PRP) oder andere orthobiologische Verfahren – heterogene Evidenz
- Stosswellentherapie bei bestimmten Sehnenerkrankungen – variable Wirksamkeit
- Operative Dekompression oder Entfernung entzündeter Gewebeteile bei therapieresistenter, funktionseinschränkender Erkrankung
Die Entscheidung für invasive Verfahren sollte individuell, nach Nutzen-Risiko-Abwägung und idealerweise in einer spezialisierten Praxis oder Klinik getroffen werden.
Weiterlesen: Paracetamol Infos
Prävention & Alltagstipps
Vorbeugung zielt auf Reduktion repetitiver Belastungen und Verbesserung der Arbeits-/Sporttechnik:
- Ergonomische Anpassung des Arbeitsplatzes (Tastaturhöhe, Mausposition, regelmässige Pausen)
- Wechsel von Tätigkeiten, aktive Pausen mit Dehn- und Mobilisationsübungen
- Gezielte Kräftigungsprogramme zur Stabilisierung und Belastungsverteilung
- Langsame Belastungsaufdosierung bei neuem Training oder ungewohnten Tätigkeiten
ℹ️Safety Tip:
Weiterlesen: Schulterschmerzen Ursachen
Sicherheit & Kontraindikationen
Bei Verdacht auf infektiöse Ursachen (z. B. Rötung, zunehmende Schwellung, Fieber) ist umgehende ärztliche Abklärung nötig, da hier meist antibiotische Behandlung oder chirurgische Intervention erforderlich ist. Bei chronischen Erkrankungen wie rheumatoider Arthritis bedarf die Therapie einer interdisziplinären Abstimmung.
Important Warning
Wichtige Warnhinweise zur Sehnenscheidenentzündung
- Suchen Sie sofort Hilfe bei Fieber, starken nächtlichen Schmerzen oder schnell zunehmender Schwellung.
- Kortisoninjektionen können kurzfristig helfen, verschlechtern aber in manchen Fällen die langfristige Sehnenqualität.
- Bei Anzeichen einer Infektion (Rötung, Eiteraustritt) nie selbst behandeln - sofort ärztlich abklären.
- Bei chronischen Systemerkrankungen wie Diabetes oder rheumatischen Erkrankungen ist die Behandlung individuell anzupassen.
- Langfristige Ruhigstellung vermeiden - kontrollierte Wiederbelastung ist meist hilfreicher.
Weiterlesen: Schmerztherapie Methoden
Prognose
Die Prognose ist in den meisten Fällen gut: Mit rechtzeitiger Anpassung der Belastung, gezielter Physiotherapie und adäquater Schmerztherapie kommt es häufig innerhalb von Wochen bis wenigen Monaten zu deutlicher Besserung. Chronische, lang bestehende Fälle benötigen längere Rehabilitation und gelegentlich invasive Therapien. Studien zeigen, dass programmierte, progressive Belastungstherapien effektiv sind und die Funktion verbessern können2.
